1. Woche: Frankreich

Sonntag, 28.8.: Breitenfurt – Innsbruck (469km)

Länger als erwartet dauert das Einräumen. Schließlich muss im neuen Arca für alle Utensilien erst der richtige Aufbewahrungsplatz gefunden werden. Zu Mittag entern wir endlich die Autobahn Richtung Innsbruck und flott geht‘s voran, nach 5 ½ Stunden fahren wir in den Campingplatz Kranbitten. Mit Schnecki vor drei Jahren hatte das mehr als etwas länger gedauert. Und wie damals verbringen wir auch mit unserem Neuen die erste Nacht hier.

Beim Frühstück

Montag, 29.8.: Innsbruck – Desenzano del Garda – Sirmione (281km)

Über den Brenner Richtung Süden immer der Nase nach und endlich sind wir in Italien. Zypressen säumen unseren Weg direkt nach Desenzano del Gardo. Wir parken auf einem bequemen Parkplatz direkt bei der Altstadt, spazieren durch die schmalen Gässchen, laden in einem Telefongeschäft direkt am Marktplatz unsere italienische SIM-Karte und in einer gemütlichen Trattoria unsere Mägen auf.

Nein, das ist nicht Venedig
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In den Gassen von Desenzano

Und ich fotografiere zwischendurch die nette Aussicht. Das Städtchen hat sein Flair behalten, zumindest die Altstadt. Es liegt direkt am Lago di Garda und in einer kleinen Lagune am Ufer des Marktplatzes schaukeln gelassen kleine Boote. Dann geht es zum nahegelegenen Campingplatz. Es ist das dritte Mal, dass wir am Gardasee übernachten und jedes Mal entdecken wir ein anderes nettes Plätzchen.

Dienstag, 30.8.: Sirmione – La Salle / Monte Bianco (310km)

Beim morgendlichen Wasserbunkern haben wir Probleme mit dem Wassertankdeckel. Im nahegelegenen Peschiera wollen wir einen neuen kaufen. Aber es ist nicht der Deckel, sondern der Ansatz am Womo, also wird die Angelegenheit italienisch mit Superkleber gelöst. Dann geht es auf der Autobahn Richtung Mailand und immer weiter bis ins hinterste Winkerl Italiens. Hier haben wir vor zwei Monaten unser neues Womo adoptiert und dann nach Wien geholt. Ob er sich an seine alte Heimat erinnert?

Weiter geht es ins Aosta Tal. Hier waren wir noch nie, Egbert nimmt den Fuß vom Gaspedal und wir genießen die fremde teils schluchtenartige Landschaft mit ihren kleinen Dörfern mal entlang des Flusses, teils auf halber Höhe in den Bergen. Immer weiter ins Gebirge führt unser Weg. Wir folgen einem Jahrtausende altem Pfad, der über die Alpen führt.

Aber vorher übernachten wir noch einmal im italienischen Schatten des Monte Bianco. La Salle heißt der Ort, klingt eigentlich sehr Französisch – oder doch Italienisch? Kein Wunder, einmal gehörte es nach links (Frankreich) und dann wieder nach rechts (Italien).

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Das da hinten, was man nicht sieht ist der Mont Blanc
Das hinter dem dichten Nebel IST der Mont Blanc

Nach einem ausgiebigen Abendessen mit direktem Blick auf den unter einem Nebelhäubchen trotzendem Mont Blanc spazieren wir durch den Ort mit seinen schmalen winkeligen Gässchen und grauen mit Schiefer gedeckten Steinhäusern. Wir genießen diesen Spaziergang, schauen, entdecken und fotografieren, was man so alles am Wegrand entdecken kann.

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So ein Schieferdach aus der Nähe
So ein Schieferdach aus der Nähe
Ein alter Hahn und eine junge Henne leben hier
Ein alter Hahn und eine junge Henne leben hier

Ursprünglich planten wir den Montblanc Tunnel zu nehmen um nach Frankreich zu gelangen. Aber die Campingplatz-Lady versichert, dass der Piccolo San Bernardo mit dem Womo locker befahrbar ist. Na, mal sehen ob das stimmt. Wenn es Hannibal mit seinen Elefanten geschafft hat, wird es uns mit 160 Rössern wohl auch gelingen.

Mittwoch, 31.8.: La Salle / Monte Bianco via Piccolo San Bernardo – Albertville – Annecy (155km)

Hoffnungsvoll blicken wir aus dem Fenster. Der Morgennebel verzieht sich und überlässt dem blauen Himmel mit seinen weißen Schäfchenwolken das Revier. Die Sonne scheint und alles strahlt, nur der Mont Blanc schläft tief und fest, dick von Nebel umhüllt. Wir haben heute was Besonderes vor, über den kleinen Sankt Bernhardpass nach Frankreich – nicht mit dem Fahrrad, so wie viele andere, denen wir begegnen, sondern mit unserem Neuen. Der schlägt sich tapfer und meistert die Strecke mit Bravour, mit Schnecki wäre das „ein bisserl“ anders gewesen. Wir cruisen die Passstraße Serpentine um Serpentine hinauf und genießen das Panorama. Oben am Pass machen wir kurz Halt und knipsen ein paar Fotos.

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Ja, wir waren oben auf dem Pass

Egbert fotografiert ein Fahrradtrio, das stolz vor dem Passschild posiert, zwei von ihnen wohl über 60 und der dritte über 80 Jahre alt (meint Margot, Egbert hält 70 plus angebrachter, aber vielleicht war er auch ein verlebter 60er ) [sicher nicht, das war eine totale Sportskanone und an die 80!] – eine beeindruckende Leistung (1200 Höhenmeter über 5% Steigung 22km lang !!).

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Danach geht’s kurivg wieder bergab mitten ins Frankenreich, Richtung Albertville. Durch Zufall entdecken wir eine Abzweigung zum mittelalterlichen Städtchen Albertville-Clonflans, aus dem 12. Jh. Die kleinen Gässchen sind original erhalten, ebenso wie die trutzige Stadtmauer. Diese kleine Kostbarkeit thront auf einem Berg und wacht über Albertville, dessen einziger Ruhm 1992 Austragungsort der Winterolympiade gewesen zu sein bereits längst verblasst ist.

Das fade Albertville
Das fade Albertville
Das interessante Conflans
Das interessante Conflans

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Danach geht es Richtung Annecy, die alten SIM-Karten vom letzten Frankreichurlaub werden mit Guthaben aufgeladen, in die Tablets gesteckt und BINGO, wir sind wieder online!

Jetzt wird noch der nächste Supermarché gesucht, endlich wieder frisches Baguette und Pastete a la Champagne! In der beginnenden Dunkelheit machen wir uns auf den Weg zu unserem Übernachtungsplatz beim See und schlafen herrlich.

Donnerstag, 1.9.: Annecy – Lyon (155km)

Heute Morgen ist Putzen angesagt. Das Womo will gesaugt, das schmutzige Geschirr abgewaschen und die Wäsche verstaut werden und so starten wir erst um 11:30.

Es ist das zweite Mal, dass auf dem Campingplatz keine Möglichkeit vorhanden ist um das Grauwasser (Abwasser) loszuwerden. Aber Mann/Frau wissen sich zu helfen, man hält Ausschau nach diesem Schild, flugs dort eingekehrt und schon plätschert alles, was wir nicht mehr brauchen ganz legal in den Kanal.

Dann geht es weiter Richtung Lyon, eigentlich planen wir mitten durch die „campagne“ zu fahren, um mehr von Frankreich zu sehen, aber ein Tunnel, zwar 3,2m Höhe (das wäre ja noch gerade gegangen) und nur 2,35m Breite (das ist unser Arca auch!) lässt uns zaudern und schließlich landen wir auf der Autobahn.

Der Campingplatz am Rande Lyons ist ein Goldgriff: eine weitläufige Anlage mit wunderschönem Baumbestand, einem Swimmingpool mit warmen Wasser, und viel Ruhe – umringt vom tosendem Verkehr – macht es uns leicht unseren Plan zu ändern: Ausruhen und Seele baumeln lassen und erst morgen Lyon entdecken.

Über das Reisen im Allgemeinen und mit dem neuen ARCA im Besonderen

Beim Reisen bekommt Zeit plötzlich eine andere Dimension. Das Gestern rückt am nächsten Tag in so weite Ferne, als wäre es vor einer Woche passiert. Wir empfinden das beide so und versuchen die Ursache dafür zu ergründen. Wahrscheinlich sind es mehrere Komponenten: Jeder Tag ist mit so vielen Eindrücken und Erlebnissen gefüllt. Am darauffolgenden sind wir schon wieder weiter gefahren und mit der Entfernung und neuen Eindrücken  „entfernt“ sich auch die Erinnerung. Das ist wirklich erstaunlich!

Daneben lernen wir unser neues Womo besser kennen und erfreuen uns am großen Komfort. Das beginnt bei den vielen Pferdchen unter der Motorhaube, mit denen man ganz schön flott weiterkommt. Die vielen Fenstern und Dachluken lassen frische Luft herein und die Klappen und Laden fürs Verstauen – muss man im Auge behalten ob sie auch alle geschlossen sind, wenn wir losfahren.

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Dann sind da andere Features, wie das Backrohr.

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Ich dachte, na das werden wir vielleicht ein/zwei Mal auf dieser Reise verwenden – nein, fast jeden Tag ist es in Betrieb, sei es um Pizzabrötchen zu backen oder das Baguette von gestrigen Tag aufzufrischen. Der Dunstabzug über dem Herd ist nicht nur beim Kochen dienlich, sondern auch danach beim Aufräumen wenn es heiß ist.

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Die Duschkabine ist Luxus pur und auf der Latexmatratze schläft es sich wunderbar.

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Und Egbert kann per SAT die US Open verfolgen, zumindest ab und zu, weil es so viel zu tun, zu sehen, zu bewundern gibt, kommen wir kaum dazu.

Freitag, 2.9.: Lyon

Heute wird das Moped aus der Garage gefahren und ab geht die Post, immer hurtig bergab Richtung Stadt. Laut Reiseführer rittert Lyon mit Marseille um den Platz der zweitgrößten Stadt Frankreichs. Nun, der Reiseführer ist schon etwas älter und ich weiß nicht wie die Ränge derzeit verteilt sind, aber eines ist gewiss: Lyon IST groß. Die Google-Lady führt uns zielgerecht ins Herz der Altstadt. Beim alten Bahnhof finden wir ein ideales Platzerl fürs Moperl und dann sind die Füße dran.

Der Wilde mit seiner Maschin'
Der Wilde mit seiner Maschin‘

Wir spazieren durch die Altstadt, ein komplett erhaltener Häuserkomplex aus der Renaissance, als Lyon reich wurde durch die Seide – Fabrikation, Weberei und Handel. Die verwinkelten Gässchen mit den alten Fassaden und rustikalen Geschäften sind faszinierend. Als wir an einem Bistro vorbeiwandern meldet sich der Hunger, das Bouchon erweist sich als formidabler Treffer. Wir essen ausgezeichnet!

Ja, ich bin zufrieden!
Ja, ich bin zufrieden!
Bistrot St. Jeanne
Bistrot de St. Jean

Also, wenn es jemanden von euch nach Lyon in die Altstadt zur Mittagszeit verschlägt, dann haben wir einen richtigen Insidertip: Das Bistrot de Saint Jean, am Place du Petit Collège.

Es schmeckte, als hätte Egbert den Kochlöffel geschwungen. ( Anm,: Margot übertreibt wieder einmal maßlos, nur damit ich hin und wieder einmal koche)

In den Gassen von Lyon
In den Gassen von Lyon …

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Kathedrale St. Jean
Kathedrale St. Jean
Ein wirklich stilvoller Wasserbrunnen
Ein wirklich stilvoller Wasserbrunnen

Mit vollem Magen ist nicht gut wandern, also sehen wir uns zum Verdauen die Cathedrale St. Jean an (hier heißt alles St. Jean) und danach fahren wir mit der Zahnradbahn auf den Berg oberhalb der Altstadt. Hier thront eine riesige Kathedrale in klassizistischem Stil und es bietet sich ein herrliches Panorama über Lyon.

Lyon von oben, im Vordergrund sieht man die Dächer der Renaissance Häuser in der Altstadt
Lyon von oben, im Vordergrund sieht man die Dächer der Renaissance Häuser in der Altstadt

Danach geht‘s wieder bergab, zum Moperl, das uns geduldig erwartet. Ziel ins Tablet getippt, Google-Lady ins Ohr gestöpselt und wir brausen Richtung Campingplatz, nur …. irgendwie schweigt die Lady jedes Mal wenn wir zu einer Abzweigung kommen. Also biegen wir nach Gefühl ab und …. landen in der Pampa. Wir erklimmen den Lyoner Heuberg und Schafberg und nach ein paar Ehrenrunden landen wir dann doch wieder bei unserem Womo und lassen den Abend mit einem erfrischenden Bad ausklingen. Na, dann Gute Nacht!

Samstag, 3.9.: Lyon – Oingt – Clermont-Ferrand(140km)

Auf der Rückseite des Lageplans vom Lyoner Campingplatz finden wir ein paar Tipps, darunter die Empfehlung die Weinstraße von Beaujolais zu erkunden. Also flugs den Plan geändert und schon geht es los, Richtung Oingt, das zu den schönsten Dörfern Frankreichs zählt – mit Recht. Und, wie es der Zufall will plumpsen wir in das 36. Festival der „Orgues de Barbarie“ – das ist nix Ordinäres, falls jemand glaubt, das seinen Barbarenorgien.

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Hier treffen sich zum 36. Mal die Liebhaber der Drehorgeln. An jeder Ecke des kleinen pittoresken Dörfchens stehen Personen in alten Kostümen, drehen an ihren Orgeln, die auf Handwagen stehen und singen französische Gassenhauer und das Publikum macht fröhlich mit!

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Es ist wirklich ein tolles Erlebnis, am Hauptplatz steht sogar ein uraltes Drehorgel-Ringelspiel und daneben befindet sich eine riesige Drehorgel auf einem Klein-LKW, die fröhlichen einen Boogie-Woogie intoniert.

Es gibt große ...
Es gibt große …
... und kleine Drehorgeln
… und kleine Drehorgeln
Hauptsache es klingt und man singt und hat seinen Spaß
Hauptsache es klingt und man singt und hat seinen Spaß
Dieses Schild auf einer Hauswand will ich euch nicht vorenthalten
Dieses Schild auf einer Hauswand will ich euch nicht vorenthalten

Hungrig kehren wir zum Womo zurück begleitet von einer zackigen Radetzkymarsch-Interpretation. Dann reißen wir alle Fenster auf und bei Baguette mit Pastete lauschen wir den lustigen Klängen. Danach geht es mitten durch das französische Hinterland Richtung Clermont-Ferrand, der Hauptstadt der Auvergne, die wollen wir morgen erkunden.