4. Woche: Nordspanien

Vom Königreich Aragon zur Mittelmeerküste, mit ein bisserl Gaudi und dann weiter Richtung Norden, der Heimat zu.

Sonntag, 18.9.: Saragossa

Königreich Aragon

Nach dem Frühstück wird das Moperl wieder einmal aus der Garage geholt und auf geht’s zum nächsten Abenteuer. Wir düsen in die Innenstadt von Saragossa. Wieder verblüfft uns das Ambiente dieser Stadt, so ganz anders als Pamplona. Breite Avenues führen bis direkt in die Innenstadt. Mit breit meine ich Straßen mit drei Spuren für jede Fahrtrichtung. Wo finden wir so etwas innerhalb Wiens? Auch die Bauten sind interessant – keine langweiligen Platten oder Betonklötze sondern Gebäude im wahrsten Sinn des Wortes.

Wir landen direkt neben der Kathedrale und der Motorradparkplatz ist so überfüllt, dass wir das letzte Fleckerl ergattern. Dabei ist der Parkplatz alles andere als klein.

Da geht unsere weiße Maus unter
Da geht unsere weiße Maus unter
So schaut ein Dirndl in Aragon aus
So schaut ein Dirndl in Aragon aus

Schon von weitem hören wir die Musik wummern. Hier ist etwas los, ganz Saragossa scheint sich auf dem riesigen Platz versammelt zu haben zum Thema Fitness. Vorne auf einer Tribüne hüpfen fünf Vorturner und unten wird fleißig mitgesprungen. Daneben trainieren Kinder Fußball, eine Mädchen-Gymnastikgruppe zeigt ihr Können, Buben spielen Basketball, allerdings sind sie alle gehbehindert und sitzen dabei im Rollstuhl, so schieben wir uns durch die Menge Richtung Kathedrale, aber da ist genauso ein Gedränge wie draußen. Anscheinend geht man in Spanien sonntags in die Kirche. Die einen gehen in den Gottesdienst, die anderen stellen sich an um den steinernen Fußabdruck der Madonna zu küssen, oder ein elektrisches Kerzerl anzuzünden, oder um zu beichten. Die alten holzgedrechselten Beichtstühle sind besetzt – innen wie außen.

Kathedrale von Saragossa
Kathedrale von Saragossa
Das Hochaltar (Retabel) aus Alabaster, 14. Jh.
Das Hochaltar (Retabel) aus Alabaster, 14. Jh.

Trotz dieses geschäftigen Hin-und-Her herrscht hier eine Atmosphäre der Andacht, die den riesigen Kirchenraum erfüllt. Auch diese Kathedrale ist spanisch eingerichtet und ich stehe inmitten dieses Treibens und staune und lausche. Dafür sind Kirchen gebaut worden, nicht zum Besichtigen sondern als Orte der Andacht und Begegnung. 

Toller Brunnen, tolles Paar
Toller Brunnen, tolles Paar

Ein paar Worte zur „spanischen“ Einrichtung – es fällt mir schwer, das zu beschreiben Wir sind gewöhnt, dass Kirchen aus einem Mittelschiff und Seitenschiffen bestehen. Das tun spanische auch, aber nicht nur die Seitenschiffe sind mit Altären vollgerammelt auch das Mittelschiff. Hier kann man nicht einfach nach vorne zum Hauptaltar durchgehen. Dazwischenliegen mindestens zwei weitere Altäre sowie ein riesiger Chor mit einer nicht minder beeindruckenden Orgel. Auch die Altäre sind anders – gigantisch und riesig hoch, entweder aus Alabaster geschnitzt oder aus Holz und komplett vergoldet.

Danach besuchen wir noch die zweite Kathedrale am anderen Ende des riesigen Platzes und auch sie beeindruckt mit ihrer „Einrichtung“.

Auch die 2. Kathedrale ist beeindruckend
Auch die 2. Kathedrale ist beeindruckend
Der Chor mitten in der Kathedrale
Der Chor mitten in der Kathedrale

Der letzte Punkt auf unserer Liste ist die Aljaferia – ein maurischer Palast aus dem 11. Jh., der danach über Jahrhunderte den Königen von Aragon als Regierungspalast gedient hat.

Palast Aljaferia
Palast Aljaferia
Der Turm des Troubadours
Der Turm des Troubadours

Hier befindet sich auch der Troubadur Turm, bekannt aus der Oper „Il Trouvadore“ von Guiseppe Verdi.

Im Innenhof
Im Innenhof

Der Palast wurde 1803 ziemlich zerstört und in den letzten Jahrzehnten sehr aufwändig restauriert.

Montag, 19.9.: Saragossa – Barcelona (344km)

Auf Achse

Auf Achse – Mir war langweilig, also habe ich am Tischchen für den Blog gearbeitet und dieses Foto geschossen.

Wir brechen auf zu unserem letzten Highlight und queren Spanien Richtung Mittelmeer.

Hier überqueren wir den 0-Meridian, der auch durch Greenwich läuft
Hier überqueren wir den 0-Meridian, der auch durch Greenwich läuft

Es geht dahin über flaches Land immer weiter Richtung Osten. Unser Ziel ist ein Campingplatz nahe Barcelona in Mataró.

Camping Barcelona
Camping Barcelona
Der Swimmingpool mit Blick aufs Mittelmeer
Der Swimmingpool mit Blick aufs Mittelmeer

Wir richten uns ein, inspizieren den Swimmingpool mit Aussicht auf das Mittelmeer und nehmen am Abend den Shuttlebus in die „City“ um dort in einem Restaurant den Tag zu beschließen. Wir wandern durch die Gässchen der Innenstadt und fragen uns WO und WANN dinieren Spanier abends? Dafür finden wir keine Antwort. Wir passieren unzählige Cafés und Bars, wo man etwas trinkt und dazu Nüsschen oder eine Patisserie knabbert, aber Restaurant finden wir keines.

Dieses Jambon Geschäft hat uns beeindruckt
Dieses Jambon Geschäft hat uns beeindruckt

Also landen wir müde und hungrig um 22:00 wieder auf dem Campingplatz und geben uns mit einer Pizza im dortigen Restaurant zufrieden.

Dienstag, 20.9.: Barcelona

Heute geht es nach 40km ins „nahe“ Barcelona. Dafür wählen wir den Shuttlebus, aber wir bekommen nur einen Stehplatz für den 11:15 Bus.

Also klettert Egbert im Morgengrausen (8:30) aus dem Bett, geht Baguette fürs Frühstück holen und meldet uns für den morgigen Bus um 9:15 an, um dann den ganzen Tag in Barcelona verbringen zu können.

Der Bus stoppt direkt vor dem Hard Rock Café und wir klettern mitten in den Trubel. Anscheinend hat ganz Europa einen Kurztrip nach Barcelona gebucht. Wir schlendern die Rambla entlang hinunter Richtung Hafen. Dabei kommen wir auch an Barcelonas Naschmarkt vorbei, mit wirklich sehenswerten Marktständen. Unten am Hafen sieht man die üblichen Kreuzfahrtschiffe, Boote, Yachten und über allem thront ein riesiges Einkaufszentrum. Nach einer Stärkung machen wir uns auf den Weg zur Sagrada Familia, Schwupps in die Metro und schon stehen wir direkt vor dem riesigen beeindruckenden Portal.

Sagrada Familia
Sagrada Familia

Das praktische Online Ticket öffnet uns die Tore und wir treten ein in ein unbeschreibliches Wunder, ein steinerner Wald mit Riesenbäumen, dessen Blätterdach 45 m über dem Boden schwebt.

dscf1212

An dieser Kirche wird seit 1883 gebaut und die Fertigstellung ist für 2026 geplant, anlässlich des 100. Todesjahrs ihres Schöpfers, des katalanische Architekt Gaudi. Der Innenraum ist schon recht weit gediehen, aber von den geplanten 18 Türmen sind noch lange nicht alle vollendet.

dscf1216

dscf1223

dscf1240

Schon Gaudi hat festgelegt, dass der Bau dieser Kirche allein aus Spenden finanziert werden soll. Dies gilt bis heute. Jedes Jahr besuchen circa 2 Mill. Touristen diesen Sakralbau, was nicht verwunderlich ist, da auch als „Baustelle“ dieses Werk wirklich sehenswert ist.

Die Giganten sind für Umzüge sehr wichtig
Die Giganten sind für Umzüge sehr wichtig
Ja, auch das haben wir in Barcelona entdeckt
Ja, auch das haben wir in Barcelona entdeckt
Auf der Rambla
Auf der Rambla

Danach bummeln wir gemächlich zurück, Richtung Placa de Catalyuna und kehren um 20:00 müde und angefüllt mit Eindrücken zum Campingplatz zurück.

Mittwoch, 21.9.: Barcelona

Heute heißt es nun wirklich früh aus den Federn. Beim Frühstück werden noch schnell die Online Tickets für den Park Güell bestellt und schon geht es los. Da wir noch ein bisschen Zeit haben schlendern wir zuerst durch Barcelonas Altstadt und landen bei der Kathedrale, ein gotischer Prachtbau mit angrenzendem Kloster und Kreuzgang.

Die Kathedrale von Barcelona
Die Kathedrale von Barcelona

Wie bereits erwähnt sind spanische Kirchen ganz anders „eingerichtet“ als wir es gewöhnt sind, aber obwohl so „angerammelt“ erfüllt sie eine Aura der Andacht, die mich sehr berührt. Das können nicht einmal die vielen Touristen zerstören, die sich in den Gängen tummeln.

Die Gänse
Die Gänse
Der Kreuzgang
Der Kreuzgang

Langsam umrunden wir innen die Kirche, gehen entlang der Seitenaltäre, die teilweise mehr als 700 Jahre alt sind und landen schließlich im Kreuzgang, riesig hoch und mitten drinnen ein kleiner Klostergarten. In einem Teil tummeln sich 12 weiße Gänse in einem Wasserbecken, ein unerwarteter Anblick. Vielleicht haben sie bereits seit Jahrhunderten den Speiseplan der Mönche aufgebessert.

Die Seufzerbrücke von Barcelona
Die Seufzerbrücke von Barcelona
Park Güell
Park Güell

Danach geht es weiter durch die engen Gässchen Richtung Metro. Wir fahren sechs Stationen, erklimmen einen hohen Berg und landen beim Park Güell. Eugen Güell war ein Großindustrieller und Gönner von Gaudi. Die beiden verband eine tiefe Freundschaft und sie haben gemeinsam einige Projekte realisiert. 1855 wurde die Stadtmauer geschliffen und man begann mit der Stadtplanung des modernen Barcelonas. Dazu wurden das Gelände ähnlich wie in Manhattan mit Straßen und Avenues unterteilt, die alle rechtwinkelig zueinander angelegt sind. Und die Stadt wuchs schnell. Güell und Gaudi planten ein eigenes Wohnviertel. Dazu wurde ein riesiges Areal aufgekauft und Gaudi entwarf die Grundzüge des Viertels. Leider wurde es nie realisiert, weil sich keine Käufer für die geplanten Wohnhäuser fanden. So wurden nur der zentrale Veranstaltungsplatz mit einer Markthalle, sowie die umgebende Mauer, das Portierhäuschen und ein Modellhaus errichtet. Das kann man besichtigen und die Formen und Farben sind wirklich einzigartig, aber auch der Blick auf Barcelona und das Mittelmeer ist sehr beeindruckend.

Die tolle Keramik
Die tolle Keramik
Das Eidachserl kennt jeder
Das Eidachserl kennt jeder

Danach erwandern wir uns Barcelona. Wir schlendern durch die kleinen verschlafenen Gässchen Richtung Placa de Catalyuna und sind mitten im Herzen der Stadt, dort wo gelebt und gearbeitet wird. Barcelona ist die Stadt der Motorräder. Noch nirgends haben wir so viele Zweiräder gesehen. Kein Wunder – Parkplätze sind rar, sogar für Zweiräder.

Casa Mila
Casa Mila
Casa Battlo
Casa Battlo

Schließlich landen wir bei unserem nächsten Ziel – die Casa Mila, ein Wohnbau aus 1906, den Gaudi entworfen hat und der heute noch immer bewohnt wird. Man kann ihn gegen Einwurf allerdings sehr großer Münzen besichtigen und so wandern wir lieber weiter zum nächsten Gaudi Haus der Casa Battlo und belassen es aufgrund … (siehe oben) beim Außenbetrachten. Jetzt haben wir aber wirklich Hunger, also nichts wie zum Barcelona Naschmarkt auf Garnelen und Sardinen. Müde kehren wir zur Placa zurück und landen endlich wieder daheim im Womo. Ein schöner Tag mit vielen Eindrücken liegt hinter uns.

Am Naschmarkt
Am Naschmarkt
Egbert schmeckt's
Egbert schmeckt’s

Donnerstag, 22.9.: Barcelona – Saintes Maries de-la-Mer (390km)

Schweren Herzen nehmen wir Abschied und machen uns auf die Rückreise. Die knapp 1.900km werden in vier Etappen filetiert. Unser erster Stopp ist mitten im Herzen der Camargue in Saintes Maries de–la-Mer. 2013 bei unserer ersten Womo-Reise haben wir hier übernachtet. Begeistert von der Landschaft, dem Licht und der Luft hatte ich den Wunsch nochmals hierher zu kommen. Wir spazieren am Meer entlang, und blicken zu dem Wehrkirchlein, das sich über die Häuserdächer erhebt.

Das trutzige Wehrkirchlein, ein wichtiger Wallfahrtsort der Zigeuner
Der flache weite Strand fasziniert uns
Der flache weite Strand fasziniert uns

Diese Landschaft verzaubert noch immer, das dunkle Meer schlägt müde gegen die Felsenmolen, die Sonne strahlt mit ihrem besonderen Van Gogh Lumen, die weiß getünchten Häuser ducken sich zwischen den hohen Schilfgräsern und dazwischen weiden seelenruhig die weißen Camargue Pferde.

Ich nehme Abschied, von dieser außerordentlichen Reise, obwohl noch etliche Kilometer vor uns liegen.

Freitag, 23.9.: Les Saintes Maries sur la Mer – Alassio (420km)

Rückreise I

Wir fahren entlang der Côte d’Azur, aber diesmal oben drüber, mit ein bisschen Distanz  zum Trubel an der Küste und mehr Speed. Zwischen den Tunnels und Felswänden erhaschen wir ab und zu einen Blick auf die mondänen Bauten, das azurblaue Meer und die grünen Palmen. Und dann sind wir schon in Italien, kurven einen halsbrecherischen Weg an der Ligurischen Küste entlang, bis wir unseren Schlafplatz erreichen, der einem Adlerhorst gleicht.

Eigentlich wollten wir dieses Frühjahr Cinque Terre und die Toskana bereisen. Wir waren zwar in Italien, aber haben „nur“ unseren Neuen geholt. Naja, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir freuen uns schon darauf, mit dem Moped an der Küste entlang zu brausen, aber nicht heute, jetzt geht es Richtung Heimat. 

Ausblick von "hoch oben" auf die Ligurische Küste
Ausblick von „hoch oben“ auf die Ligurische Küste

Samstag, 24.9.: Alassio – Innsbruck (630km)

Rückreise II

Von Alassio fahren wir entlang des Mittelmeers. Kurz vor Genua werfen wir einen letzten Blick auf die Adria, denn nun führt der Weg ins Landesinnere. Unser Mittagsstopp ist am Gardasee, hier kaufen wir frisches Fischfilet um unser letztes Abendessen im Womo so richtig zu zelebrieren. Müde kommen wir in Innsbruck am Camping Kranbitten an und … stolpern über die Tochter von Freunden, die am Wochenende hier zum Klettern ist. Also flugs ins Womo eingeladen, wo wir den Abend zu viert bei einem Glas Wein ausklingen lassen.

Sonntag, 25.9.: Innsbruck – Wien (490km)

Am Morgen zeigt das Thermometer, dass es in der Nacht bis auf 7,6° abgekühlt hat. Wir haben davon nichts bemerkt, denn die Heizung hielt das Womo wohl temperiert.

Draußen herrscht strahlender Sonnenschein, die Luft ist glasklar und das Panorama wie in einem Bilderbuch. Auf diesem Campingplatz übernachten wir bereits zum dritten Mal, aber noch nie haben wir das Panorama bei so herrlichem Wetter bewundern können.

Das Bilderbuchpanorama vor unserer Nase
Das Bilderbuchpanorama vor unserer Nase

Zum letzten Mal heißt es – Strom vom Netz, alle Klappen, Fenster, Türen und Laden kontrollieren, die Utensilien rutschfest verstauen, von den Keilen herunterrollen und der Nase nach, Richtung Heimat.

Fazit:

Wir waren 29 Tage unterwegs, sind 5.321 km gefahren, waren in fünf Ländern und haben 10 Mal die Grenze passiert. Das Wetter war wunderbar nur zwei Tage mit Schauer.

Es war wieder einmal eine tolle Reise und wir kehren zurück mit vielen Eindrücken, Erlebnissen, Bildern und Erfahrungen. Das neue Womo ist wunderbar. Wir genießen den Komfort und die Unabhängigkeit, die es uns bietet. Wir fahren in die weite Welt und sind dennoch zu Hause, bleiben stehen – wo es uns gefällt; folgen dem Wind und dem Wetter – wohin es uns trägt und staunen über all das Schöne, das es dabei zu erleben gibt.