Von Barbaren Orgien, über einen Vulkan mitten ins Perigord.
Sonntag, 4.9.: Clermont-Ferrand – Puy de Dome
Schwarzes Lava und feuriger Vulkan
Wieder eine gute Entscheidung, die Stadt am Sonntag zu besuchen – wenig Menschen und gute Parkmöglichkeiten. Wir schlendern durch die winkeligen Gassen Richtung Kathedrale. Übrigens den Polsterüberzug mit den drei Hunden habe ich in einem Schaufenster entdeckt und so hat er einen schönen Stammplatz bekommen.
Auch hier haben die Häuser einen ganz eigenen Charakter. Viele sind aus schwarzem Lavastein gebaut, ober zumindest die Fenster- und Türeinfassungen sind in schwarz gehalten.
Der Dom erhebt sich mitten aus dem Gassengewirr, wie ein riesiger kohlrabenschwarzer Monolith. Wirklich imposant, aber zu Mittag leider geschlossen, also spazieren wir weiter zu einem romanischen Kirchlein aus dem 12. Jh., einer Zeit, wo Gottesdienst noch ohne Hochaltar stattfand. Das erkennt man sehr deutlich an der Gestaltung der Apsis.
Zurück zum Womo und weiter geht es Richtung Puy de Dome, ein Vulkankegel – also kein Vulkankrater sondern ein riesiger vom Wind rund geformter Lavahaufen. Hinauf geht es mit einer Zahnradbahn, die uns sehr an den Schneeberg erinnert. Nur gibt es hier auf halber Strecke leider keine Buchtelstation, schade!
Von oben hat man einen herrlichen Ausblick über eine Hochebene, mit zahlreichen erloschenen Kratern. Hier oben haben die Römer im 2.Jh.n.Chr. einen Tempel für Merkur, den Gott der Reisenden errichtet, direkt neben der römischen Hauptstraße, weithin sichtbar und sicherlich eine einträgliche Cash-Cow, wo Reisende sich den Segen der Götter „erkaufen“ konnten.
Montag, 5.9.: Clermont-Ferrand – St. Saturnin – St. Nectaire – Sarlat (226km)
Mitten im Herzen Frankreichs
Diesmal geht es wieder mitten in die Campagne. Zuerst nach St. Saturnin, auch ein romanisches Kirchlein, das mitten in einem romantischen Dörfchen steht.
Als wir so durchspazieren entdecken wir ein Château, in Privatbesitz, das man aber besichtigen kann – und just als wir vorbeischlendern beginnt eine Führung, na da machen wir mit.
Im 13. Jh war dies eine Wehranlage mit 5m dicken Mauern und engen Schießscharten. Anscheinend fand die Räuberei im 15. Jh ein Ende, denn damals wurde das Schlösschen zur königlichen Residenz ausgebaut. Es gehörte Jeanne de Bourbon, verheiratet mit Jean II de al Tour d’Auvernge und Mutter von Katharina de Medici, die als Witwe einige Zeit für ihren jungen Sohn die Geschicke Frankreichs regiert. Die Hochzeit ihrer Tochter Marguerite de Valois, spätere Königin Margot, mit Heinrich IV. war der Auslöser für die Bartholomäusnacht, in der hunderte Hugenotten in Paris ermordet wurden. Erstaunlich über welches Eckchen Geschichte wir da stolpern! Wir spazieren durch das Château und bewundern Katharina de Medicis Schlafzimmer, eine alte Schlossküche mit Inventar, den Prunksaal, wo zu Gericht gesessen wurde und den ehemaligen Repräsentationssaal. Ein schönes Erlebnis!
Aber auch das kleine Städtchen ist wirklich beeindruckend!
Danach fahren wir zu St. Nectaire, ebenfalls romanischen Ursprung und weiter geht es mitten ins Périgord mitten durch kleine Dörfchen, dichte Wälder und grüne Wiesen.
Dienstag, 6.9.: Beynac – Les jardins de Marqueyssac
Richard Löwenherz war auch schon hier!
Wir gehen es gemütlich an, und zu Mittag wird das Moped aus der Garage gefahren. Ab geht die Post, hügelab und hügelauf (mühsam aber zaaach) bis nach Beynac, eine mächtige Trutzfeste erbaut im frühen 12.Jh. und gleich darauf 1189 von Richard Löwenherz erobert. Hier filmte 1998 Luc Beson Teile seines Jeanne d’Arc Filmes mit Mila Jojovic. Die Burganlage ist wirklich beeindruckend und man fühlt sich wie im Mittelalter.
Darunter liegt das pittoreske Dörfchen, aber das ist so touristisch verseucht, dass wir nur langsam vorbeifahren und flüchten. Weiter geht es zum berühmten Jardin Marqueyssac. Auf einem riesigen Areal werden 150.000 Buchsbäumchen von 5 Gärtnern auf Schnitt getrimmt. (Hier hätte ein Buchsbaumzüngler sein Paradies gefunden) Wir wandern durch die grünen schmalen Gässchen und staunen über die herrliche Aussicht. Ganz Perigord liegt einem zu Füßen.
Zurück geht es wieder bergab- und bergauf, aber diesmal führt uns Google-Maps viel schneller nach Hause. Den Abend beschließen wir mit Palatschinken, ja auch die kann man im Womo fabrizieren!
Mittwoch, 7.9.: Sarlat –
Gans – Gänser – Foie Gras
Wieder schwingen wir uns aufs Moperl um den mittelalterlichen Stadtkern von Sarlat zu erkunden. Und, meine Lieben, DAS kann man wirklich weiterempfehlen. Vor drei Jahren haben wir Carcasonne besucht, aber das ist fade gegen die „Wirklichkeit“ dieses Ortes, denn dieses Städtchen lebt, in den alten Häusern wird gewohnt und gearbeitet. Es ist wirklich ein Erlebnis durch die schmalen Gässchen zu spazieren, vorbei an kleinen Restaurants, die vortreffliche Menüs anbieten. Zu Mittag lassen wir uns in einem nieder und genießen gemeinsam ein Menu du jour, als Vorspeise Foie Gras (Entenpastete), der Hauptgang Entenbrust mit Kartoffelgratin und einer köstlichen Soße und zum Dessert für mich ein Gâteau St. Julian (Scrumble mit Vanilleeis) und für Egbert ein Espresso. Gestärkt schlendern wir weiter vorbei an zahlreichen Geschäften, die Gänse- und Entenleber anbieten in allen nur denkbaren Variationen. Natürlich sind auch wir mit ein paar kleinen Dosen, so klein, dass man ihnen den Kaufpreis wirklich nicht ansieht, ins Womo zurückgekehrt. Aber vorher noch schnell ein paar fangfrische Sardinen eingekauft, aber nur drei für jeden, denn das Menu du jour füllt uns noch immer den Magen. Dann brausen wir zurück zum Womo, ganz allein, denn die Google-Madam lässt uns wieder einmal im Stich. Macht nix, den Weg kennen wir mittlerweile.
Mit gefülltem Magen bei lauer Abendluft lassen wir den Tag ausklingen.
Am nächsten Tag entdecken wir direkt an der Landstraße eine Gänsezüchterei.
Donnerstag, 8.9.: Sarlat – La Roque Saint-Cristophe – Lascaux II – Montignac (50km)
Vom Mittelalter in die Steinzeit
Heute erwartet uns ein Höhepunkt auf unserer Reise, die Höhle von Lascaux. Auf dem Weg dorthin reiht sich eine Sehenswürdigkeit nach der anderen. Ich fühle mich wie ein Kind im Zuckerlgeschäft. Aber alles können wir nicht anschauen, soviel Zeit haben wir nicht. Vielleicht ein Wink, ein anderes Mal das Perigord wieder zu besuchen. Wir wählen la roque Saint-Cristophe. Der auffällige 900m lange Kalkfelsen liegt direkt an den Ufern der Vézère. Ein idyllischer aber hart umkämpfter Ort. Die Felswand wurde bereits in der Steinzeit besiedelt, kein Wunder – man liegt direkt an einem Fluss, hat eine herrliche Aussicht mit viel Sonne und der Felsen ist, wenn man es geschickt anlegt, faktisch uneinnehmbar. Auch die Gallier und Römer nutzten diesen Ort. Im Mittelalter erstreckte sich die Festungsanlage über fünf Etagen und in den Religionskriegen verschanzten sich hier die Hugenotten, bis Heinrich III. dem ein Ende machte und die Festung schleifen ließ. Nur die im Fels eingeschlagenen Befestigungslöcher für die Holzgerüste erinnern an diese Zeit. Eine Computeranimation vermittelt sehr anschaulich die damalige Festungsanlage.
Nach einer kleinen Stärkung geht es weiter nach Lascaux. 1940 entdeckten vier Jugendliche zufällig den Eingang zu dieser Höhle, eine damalige und ungebrochen auch heute eine Sensation. 1949 wurde die Höhle für Besucher geöffnet und bereits 1963 wieder geschlossen, weil die Wandmalereien über tausende Jahre konserviert, den schädlichen Umwelteinflüssen nicht standhielten. Man entschloss sich 200m daneben ein akribisches Faksimile der beiden wichtigsten Höhlenabschnitte zu errichten, und nach 10jähriger Arbeit, in der zuerst das Steinrelief mittels Gitter und Beton nachgeformt und dann die Malereien 1:1 übertragen wurden, mit den gleichen Farbpigmenten und der Methode die anno dazumal verwendet wurden. Sehr beeindruckend, die Malereien befinden sich in 2,5-4m Höhe da darunter das Lehmbett des ehemaligen Flusses liegt, der sich hier durch den Felsen gegraben hatte. Und damit man wirklich einen „echten“ Eindruck erhält ist natürlich das Fotografieren verboten. Also muss das Internet herhalten:
Im Dezember 2016 soll Lascaux III eröffnet werden, ein Faksimile der kompletten Höhle am Fuße des Berges.
Freitag, 9.9.: Montignac – Perigieux – Monbazillac (55km)
Fachwerk und römisches Gemäuer
Wir brechen auf Richtung Perigieux. Aber, wo sollen wir dort das Womo parken? Da entdecke ich einen Parkplatz beim Vesunna-Museum, das ich sowieso besuchen will. Und siehe da, es klappt, zwar in der Kurzparkzone, aber das macht nix.
Die Vesunna ist eine herrschaftliche Villa aus dem 2.-3. Jh.n.Chr. 1950 wurden die Grundmauern bei Grabungsarbeiten entdeckt und seither Stück für Stück freigelegt. Jean Nouvel, ein französischer Architekt, entwarf eine imposante Dachkonstruktion, die die Ausgrabungen nachhaltig schützt. Auf erhöhten Stegen spaziert man mitten durch die herrschaftliche Villa und erhält interessante Einblicke in das Leben, anno dazumal.
Danach erkunden wir zur Mittagszeit die Stadt, entdecken schmale Gässchen mit Fachwerkhäusern und nach ein paar geschossenen Fotos geht es weiter, Richtung Monbazillac.
Samstag, 10.9.: Monbazillac – Bergerac – St. Emilion – Bordeaux (114km)
Wein, so weit das Auge reicht
Am Vormittag gibt es erneut eines unserer Reise-Highlights, das Château Monbazillac. Zuerst besuchen wir das Château, eingebettet mitten in Weinberge thront es auf einem Hügel und bietet ein herrliches Panorama.
Wir wandern durch die Räume, eingerichtet im Stil des 17. Jh. und tauchen ein in eine fremde Welt. Im Keller bewundern wir die alte Küche und ein riesiges Weinlager.
Danach geht es zur Degustation und wir kehren mit 2 Karton köstlichem Weißwein ins Womo zurück, wo wir einen zweiten Weinkeller eröffnen und die Kartons im Zwischenboden verstauen.
Auf nach Bergerac, jedem bekannt durch Cyrano, welcher höchstwahrscheinlich sich niemals in dem Städtchen aufgehalten hat. Das macht gar nix, dennoch ziert seine riesige Statue den kleinen Hauptplatz.
Wir wandern zum wiederholten Male durch ein mittelalterliches Städtchen, aber das wir nicht langweilig, weil jedes Städtchen seinen eigenen Charakter hat. Hier sind es die uralten Fachwerkhäuser, die ich fotografiere und fotografiere und f—-
Der Hunger rührt sich und wählen ein Bistro. Wieder erstaunt uns die Qualität des Essens. Danach geht es zurück zum Womo und weiter Richtung Bordeaux. Auf beiden Seiten der Straße erstrecken sich Weinberge, soweit das Auge reicht und sie begleiten uns den gesamten Weg. Dann machen wir Halt in St. Emilion.
Recht interessant, aber so touristisch, dass wir sehr schnell die Flucht ergreifen uns ins Womo schwingen und Richtung Bordeaux düsen.