Schottland – Woche 1

Endlich on the road!

Donnerstag, 25.5. : Wien – Regensburg (53.517 – 53.937km)

Gefahren: 420 km
Übernachtung: Regensburg – Camping Azur (€ 35,50)

Der Pilot in seinem Cockpit mit Rückfahrkamera (Links), Navi (Mitte) und Reifendruckkontrolle (Rechts)

Seit zwei Wochen zähle ich nun die Tage. Alles ist gewaschen und gebügelt, die Packliste zweimal durchgecheckt und noch dieses und jenes aufgelistet. Am Wochenende haben wir das Womo startklar gemacht und bereits das Meiste eingeladen.

Schon um 7:00 früh springen wir aus den Federn und das am ersten Urlaubstag! Nachdem die Wohnung dicht gemacht, der Kühlschrank geleert und die letzten fehlenden Dinge im Womo verstaut sind, beginnt endlich unsere langersehnte Reise.

Am Feiertag ist nicht viel los auf der Autobahn und so geht es zügig voran. Ich beginne in der Gegenrichtung zu zählen und circa jedes 20. Auto ist ein Womo. In der Zeitung hatten wir schon gelesen, dass die Neuzulassungen an Womos jedes Jahr kräftig zulegen und dennoch erstaunt uns die Menge an Womos, denen wir begegneten und das in der Vorsaison!

In Regensburg checken wir am Campingplatz AZUR ein und dann geht es flugs mit dem Bus Richtung Domplatz. Regensburg ist ein interessantes Städtchen. Wenn man durch die schmalen Gässchen streift, merkt man den ehemaligen Reichtum dieser Stadt, so eine Art Dubai des Mittelalters.

Als eingefleischter Wiener, kann einen der Regensburger Dom halt nicht wirklich beeindrucken, außer den schönen alten Glasfenstern. So hat unser Steffl auch ausgesehen, bevor er durch eine amerikanische Fliegerbombe in Brand geriet. Auch wir haben den lachenden Engel fotografiert. Nach Besichtigung des Domes steuern wir schnurstracks zum Regensburger Weissbräuhaus auf eine zünftige Weißwurst mit Brezn.

Danach schlendern wir zur Steinernen Brücke an der Donau. Ist schon erstaunlich, dass dieses kleine Flüsschen ein paar hundert Kilometer später als großer Strom durch Wien zieht. Jedenfalls sitzen viele junge Leute am Ufer, etliche davon in Lederhosen und Dirndln, die Picknick halten und miteinander feiern.

Zurück beim Campingplatz verkündet ein Schild, dass der Platz vollbelegt ist. Na, da hatten wir ja noch Glück! Und dann entdecke ich diese beiden Schmuckstücke, obwohl ein bisserl eng und klein sehen sie schon aus!

Stilecht mit Watburg!
Als ich die Besitzerin fragte, wie alt denn ihr Schätzchen sei, antwortete sie: So 30 Jahre!

Einmal quer durch Alemannien

Freitag, 26.5.: Regensburg – Aachen (53.937-54.581 km)

Gefahren: 644 km
Übernachtung: Aachen – Stellplatz (€ 17,00)

Um 10:00 fahren wir los, denn die heutige Etappe zählt zu den aller längsten dieser Reise. Wir brausen über die Autobahn quer durch Deutschland nach Aachen. Am späten Nachmittag kommen wir an, und das Schild „BESETZT“ gleich beim Eingang verheißt nichts Gutes. Mit viel Glück und der Toleranz eines freundlichen Herrn aus Bayern teilt er mit uns seinen Stellplatz.

Sehr kuschelig!

Dafür bedanken wir uns mit einer gekühlten Dose Ottakringer, die gerne angenommen wird.

Mit Spaghetti Bolognese lassen wir den Tag ausklingen.

Na, wo isses denn?

Samstag, 27.5.: Aachen – Rotterdam / Hull (54.581-54.928 km)

Gefahren: 347 km
Übernachtung: Fähre (€ 375,00)

Bevor wir Richtung Rotterdam weiterfahren, wollen wir kurz den Aachener Dom besichtigen, also flugs das Moperl aus der Garage geholt und schon brausen wir die vier Kilometer ins Zentrum, wo wir fast direkt neben der Kirche einen Parkplatz finden.

Wir streunen durch die kleinen Gässchen und sind begeistert. Man merkt, dass Flandern nicht weit ist und die ehemalige Pfalz von Karl dem Großen ist wirklich sehenswert, Heute ist Markt direkt beim Dom und demgemäß viel los. Wir schauen und fotografieren, bis wir endlich den Vorhof der Kathedrale betreten. Aber oh weh, uns bleibt nicht viel Zeit, weil gleich ein Gottesdienst beginnt und danach eine Hochzeit angesetzt ist. So lange können wir aber nicht warten, denn wir müssen ja noch nach Rotterdam. Also ein kurzer Blick in das berühmte Oktogon geworfen und mit der Gewissheit wiederzukommen, denn Aachen ist eine Reise wert, verdrücken wir uns in ein Kaffee und warten, dass die Domschatzkammer ihre Pforten öffnet.

Hier bestaunen wir die ausgestellten Kunstschätze und danach geht’s flugs zurück zum Stellplatz, der uns ausnehmend gut gefallen hat.

Moperl wird in die Garage geschoben und Monsieur Gustave, unser Navi, weist uns souverän den Weg nach Rotterdam. Natürlich sind wir viel zu früh dort, also wollen wir gerne die Erasmusbrücke besichtigen, die 138m hoch mitten in Rotterdam einen Meeresarm überspannt. Dazu drückt mir Egbert ein Blatt in die Hand und meint, ich soll darauf achten, dass wir diese Ausfahrt nehmen, nur … diese Ausfahrt kommt nicht. Wir fahren und fahren, entlang riesiger Raffineriegelände und Hafenanlagen. Mr. Gustave ersucht uns eindringlich bei jeder Abfahrt, doch bitte die Autobahn zu verlassen, mit dem Ziel uns wohlbehalten zum Fährterminal zu manövrieren. Bevor er seine Kontenance verliert, ausfallend wird und uns Schimpfwörter an den Kopf wirft, drehe ich lieber den Ton ab. Die Gegend wird immer einsamer und irgendwann muss auch Egbert zugeben, dass hier sicherlich keine Erasmusbrücke zu erwarten ist.

Also darf Mr. Gustave wieder seine Dienste übernehmen, aber diesmal mit neuem Ziel und flugs geht’s es in die City of Rotterdam, einmal über die Brücke hin und dann mit U-Turn wieder zurück Richtung Fährterminal.

Die Hängebrücke in Rotterdam

Dort wollen wir noch in Ruhe Abendessen, denn eigentlich haben wir noch viel Zeit. Aber daraus wird nichts, denn man weist uns schon auf die Fähre. Also hastig das Brot aufgegessen, die Siebensachen gepackt, die anderen verstaut und die schöne Außenkabine belegt.

Im Bauch der „Pride of Rotterdam“
Auf dem Weg in unsere Kabine
Zimmer mit Aussicht

Wir streunen durch das Schiff, gelangen auf das 12. Deck und beobachten von dort wie hunderte, wirklich hunderte Motorräder die Fähre entern, alle sind auf dem Weg zum Motorrad-Mekka, der Isle of Man, denn dort findet die alljährliche Speed Week statt.

Da alle schon rechtzeitig an Bord sind, legen wir fast eine Stunde früher ab als geplant. Die Fähre macht sich auf den Weg, während wir den holländischen Sandstränden Adieu winken.

Endlich ist die Fähre fertig beladen
Adieu Kontinent, wir sehen uns in drei Wochen wieder!

Die Engländer sind einfach NETT!!

Sonntag, 28.5.: Hull – York – Durham (54.928-55. 133 km)

Gefahren: 205 km
Übernachtung: Durham Grange (€ 47)

Erwartungsvoll beobachten wir, wie die Fähre in Hull um 8:00 morgens anlegt, bis uns der Lautsprecher auffordert zu unserem Womo zu gehen.

Auf dem Weg zum Womo
Erster Blick auf den Hafen in Hull

Wir starten Womo und Navi. Unser erster Weg führt zur Mall um bei Vodafone zwei SIM Karten für unsere Tablets zu erwerben. Schon zuhause hatten wir entdeckt, dass die Mall nur über ein Parkhaus verfügt und uns deshalb per Google-Satellit nach Alternativen umgesehen. Ein einer Seitengasse entdeckten wir einen Parkplatz, den wir nun ansteuern.

Leider steht dort in großen Lettern, dass widerrechtliches Parken streng geahndet wird. Etwas ratlos beginnen wir zu frühstücken, denn die Mall öffnet erst um 10:00. Plötzlich entdecke ich einen Security Mann, also raus aus dem Womo und nett gefragt, ob wir vielleicht ausnahmsweise hier stehen bleiben dürfen. Der frägt bei der Zentrale an und erklärt uns, dass man einen Parkplatz für uns bei der Mall bereithalte. Tatsächlich, dürfen wir direkt neben der Security Zentrale des Einkaufszentrums parken.

Wir gehen schnurstracks zu Vodafone, wo wir freundlichst bedient werden. Alles klappt reibungslos und wir sind wieder online. Bevor wir zu unserem Womo zurückkehren, drehen wir noch eine kleine Runde durch das alte Stadtzentrum von Hull und besuchen die Kathedrale, wo gerade ein Gottesdienst beginnt.

Diese Wasserinstallation hat uns an Bordeaux erinnert. Den Kindern scheint es viel Spaß gemacht zu haben.
Durch dieses winzige Gässchen sind wir danach noch mit dem Womo gefahren. Das war ganz schön ENG!!!
Das Rathaus von Hull
Die Kathedrale von Hull einmal anders
Der Chor bereitet sich auf seinen Einzug beim Gottesdienst vor

Schließlich kehren wir zum Womo zurück, denn heute haben wir noch viel vor. Wir wollen die berühmte Kathedrale von York besichtigen. Eigentlich verwenden wir immer Google Maps beim Fahren, da wir stets unsere Tablets mit auf Reisen nehmen. Diesmal allerdings führte uns die Anreise durch zwei Länder und so haben wir dafür ein Navi angeschafft, Monsieur Gustave, das über ein weltweites lebenslanges Kartenupdate verfügt.

Egbert hat im Vorfeld in akribischer Kleinarbeit sämtliche Routen ins Navi eingegeben. Und nun entdecke ich, wie praktisch das ist. Ergänzend dazu kann sich das Navi mit dem Tablet via Blootooth verbinden, und so sind wir stets über die aktuelle Verkehrslage und eventuelle Baustellen informiert. So fahren wir in York einen der vier riesigen Park&Ride Parkplätze an und nehmen den Shuttle-Bus hinein in die City. Alles ist voller Besucher! Das letzte Mal haben wir so etwas in Verona erlebt. Es hat den Anschein, dass wirklich jeder Engländer an diesem Sonntag York einen Besuch abstattet. Wir schlendern durch die Gässchen direkt zur Kathedrale, stellen uns brav in der Reihe an, wie das halt hier so üblich ist um ins Innere zu gelangen, ein wirklich beeindruckender Bau. Wir nehmen uns viel Zeit, lassen die Atmosphäre auf uns wirken, lauschen den Gesängen des Kirchenchores, der gerade seine Übungsstunde hält und besuchen die Ausgrabungen aus der Römerzeit. In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts erforderten große Risse im Mauerwerk eine umfassende Renovierung der Kirchenfundamente. Während die Kirchenpfeiler mit dicken Betonfundamenten ummantelt wurden, legte man gleichzeitig die Überreste eines Heerlagers und einer Villa aus dem 3. Jh. frei. Diese sind nun im Untergeschoß zu besichtigen.

 

Danach meldet sich der Hunger, aber wir haben nicht viel Zeit, weil wir noch bis Durham fahren wollen. Also erstehen wir zwei Pasteten in einer Bäckerei. Aber „pastry“ ist nicht gleich „paté“ – in Frankreich schmeckt das ganz anders!

Winke, winke!

Zurück beim Womo, wird Mr. Gustave geweckt und er geleitet uns, souverän wie immer, auf kleinen Landstraßen nach Durham. Wir fahren vorbei an grünen Wiesen, während winzige Kaninchenbabys direkt am Straßenrand sitzen (Gott sei Dank ist uns keines unter die Räder gelaufen!), durch kleine Dörfchen und Städtchen mit ihren pittoresken Backsteinhäuschen. Nahe Durham checken wir bei einem Campingplatz ein, nett gelegen, aber völlig überteuert. Wir sind müde und hungrig, also wird Grenadiermarsch gekocht und dann geht es endlich wieder ins eigene Bett.

Eine sehr teure Nacht!

Heute, very british!

Montag, 29.5.: Durham

Gefahren: 0 km
Übernachtung: Durham Grange (€ 47)

Durham Cathedral

Der Regen begrüßt uns morgens und begleitet uns durch den ganzen Tag. Wir lassen es langsam angehen. Womo putzen, aufräumen, ein bisserl French Open im Fernsehen schauen und darauf warten, dass das Wetter besser wird. Tut es nicht, also entschließen wir uns nach einer heißen Leberknödelsuppe zu Mittag, doch noch Durham zu besuchen. Da der Park&Ride in Gehweite liegt, lassen wir Womo und Moperl auf dem Campingplatz und machen uns auf den Weg. Nun ja, wir finden den Platz, aber darauf lungern einsam und verlassen zwei PKWs herum, keine Menschenmassen oder Shuttlebusse! Was sollen wir nun tun? Wie kommen wir nach Durham? Mr. Gustave langweilt sich im Cockpit des Womos, aber wir haben ja Tante Google mit dabei! Also fix aufs Tablet geschaut und siehe da, nicht weit entfernt befindet sich eine Busstation und so gelangen wir doch in die City of Durham. Wir schlendern über den Hauptplatz Richtung Cathedral & Castle.

 

Die Kathedrale ist wirklich beeindruckend, ein romanischer Bau mit riesigen Ausmaßen. Leider ist im Inneren Fotografieren verboten. Wir erkunden das Gebäude und den anschließenden Kreuzgang, genießen seine besondere Atmosphäre und … frösteln. Obwohl unser Außenthermometer 15° anzeigte, fühlt es sich ganz anders an, wir sind halt ein bisschen verwöhnt von den letzten Tagen.

Während wir in unseren dicken Jacken frieren, beobachten wir die Engländer, die kurzärmelig in Shorts an uns vorbeigehen. Um nicht gegen die Schotten in ihren Kilts abzustinken, geht ein richtiger Brite ab Juni in Short und T-Shirt, egal, was das Wetter sagt – und die Hardcore Briten tun das bereits ein paar Tage früher, nur um allen zu zeigen, wie british sie sind.

Nachdem wir im angrenzenden Shop noch das Modell der Durham Cathedral errichtet aus circa 230.000 Legosteinen bewundert haben, kehren wir Castle & Cathedral den Rücken und suchen uns ein warmes Plätzchen in einer Pizzeria. Hier tanken wir auf und danach geht es mit dem Bus wieder „nach Hause“.

Das Modell der Kathedrale gebaut aus 230.000 Lego Steinen

Viel war es nicht, was wir heute unternommen haben, aber das Ausruhen tut gut, nach den letzten Tagen. Hoffentlich bessert sich das Wetter morgen!

Endlich in Schottland!

Dienstag, 30.5.: Durham – Jedburgh Abbey – Melrose Abbey – Edinburgh (55.133-55.379 km)

Gefahren: 246 km
Übernachtung: Mortonhall Caravan Park (€ 31,53)

Der Friedhof von Jedburgh Abbey

 

Heute ist das Wetter freundlicher, wir packen zusammen und machen uns auf den Weg, über die Landstraßen nach Norden Richtung Schottische Grenze. Wir fahren über Hochebenen, vorbei an Schafen, Schafen und nochmals Schafen, entlang von unzähligen Steinmäuerchen, Zeugen mühseliger Arbeit. Einst wurden all diese Steine einzeln aus dem Erdreich geklaubt. Nun dienen sie als Grenzverlauf und Windschutz.

Wir fahren weiter und da endlich ist die heiß ersehnte Grenze zu Schottland. Den „Grenzübertritt“ hatten wir uns sehr romantischer ausgemalt, einsam vor einer schottischen Flagge oder einem Felsen auf dem unmissverständlich „Welcome to Scotland“ steht, als dekorativer Hintergrund die sattgrünen Hügel.

Wir sehen ein riesiges Schild mit der schottischen Flagge, daneben steht „einsam“ ein Dudelsackpfeifer in voller Montur, umringt von zahlreichen Kamerabewaffneten Touristen und bläst was das Zeug hält in seinen Ziegenbalg. Daneben unübersehbar, ein Fahrzeug als fahrender Bauchladen mit geöffnetem Kofferraumdeckel, randvoll mit Souvenirs jeglicher Art.

Wir halten nicht an, sondern fahren weiter zu unserem ersten Ziel, der Jedburgh Abbey. Das klingt sehr erhaben, aber eigentlich ist es nur eine Ruine, wenngleich dieses einstige Augustinerkloster einst sehr schön gewesen sein muss.

Viele Abteien im Grenzbereich wurden während der heftigen Kämpfe um die Vorherrschaft über Schottland von Glaubenseiferern dem Erdboden gleichgemacht. Dennoch umgibt Jedburgh Abbey eine ganz eigene Atmosphäre und sie ist ein sichtbarer Beweis dafür, dass nichts für ewig hält. Weiter geht es Richtung Melrose Abbey, der ein ähnliches Schicksal widerfuhr, nur dass es diesmal ein Zisterzienserkloster war.

Der Nachmittag ist bereits angebrochen und so machen wir uns auf den Weg nach Edinburgh mit einem Zwischenstopp bei einem Supermarkt. Wir checken auf dem Campingplatz ein, sehr schön gelegen, kochen unser Abendessen und lassen es uns so richtig schmecken.

Morton Hall Caravan Park in Edinburgh

Die Schotten sind halt anders!

Mittwoch, 31.5.: Edinburgh

Gefahren: 0 km
Übernachtung: Mortonhall Caravan Park (€ 31,53)

Edinburgh Castle

Am Vormittag geht es mit dem Bus ins Zentrum. Wir steigen aus und stehen mitten im quirligen Edinburgh. Mittels Stadtplan finden wir uns schnell zurecht und stapfen los, Richtung Castle. Das thront hoch oben über der Stadt auf einem erloschenen Vulkankegel. Wir durchqueren die Parkanlage, die – wie ich später lese – einst als Massengrab, für die an Cholera und Pest verstorbenen Bürger diente. Aber dazu später.

Also nix wie hinauf zur Burg. Gleich beim Eingang wird mit riesigen Kränen eine gewaltige Tribüne montiert, das ist für das Military Tattoo, das jedes Jahr im August hier stattfindet. Also beginnt man im Mai mit dem Bau, den man im September wieder demontiert um im nächsten Mai aufs Neue zu beginnen. Naja – die Schotten sind halt anders!

Zwischen diesen gewaltigen Kränen wuseln hunderte, tausende Touristen, es sieht aus, wie ein Ameisenhaufen. Überall wird geknipst und mit kleinen Flaggen geweht. Wir folgen dem Strom und gelangen auf das Burgareal. Von hier hat man wirklich einen herrlichen Blick über die Stadt. Wir wandern durch die Anlage, bewundern die schottischen Kronjuwelen und das königliche Appartement. Dann kommen wir an der Megakriegsmaschine des Mittelalters vorbei, eine riesige Kanone mit einem Gewicht von 6 Tonnen, die von acht Ochsen gezogen wurde. Mit ihr konnte man 150 kg schwere Kugel abfeuern, die eine Reichweite von 3,2 km hatten und jede Mauer durchschlagen konnten. Allein der Anblick dieses „Monsters“ genügte der gegnerischen Partei. Anstatt die Sache auszukämpfen, unterwarf man sich lieber gleich. Direkt daneben liegt der Dog’s Cemetery. Hier wurden die tapferen Hunde der Offiziere und die Kompaniemaskottchen feierlich beerdigt. Naja – die Schotten sind halt anders!

Der Soldaten Hunde Friedhof

Danach geht es die Royal Mile hinunter Richtung Palast. Wir kommen am Gladstone’s Land vorbei, einem typischen Mietshaus um 1620. Der Führer führt uns durch die „Belle Etage“, die im Stile von anno dazumal eingerichtet ist, und weiß viel zu erzählen. Das mittelalterliche Edinburgh war von einer Stadtmauer umgeben. Und auf kleinsten Raum lebten 20.000 Menschen. Deshalb baute man in die Höhe, 14-16 Etagen hatte ein Haus anno dazumal. Aber all zu oft musste man dann ein paar Etagen wieder entfernen, weil das Haus instabil wurde. Die Häuser wurden gleichermaßen von Reichen und Armen bewohnt, die Reichen unten und die Armen am Hollodaro. Zu dieser Zeit verfügte Edinburgh über keine Wasserversorgung. Wasser konnten sich nur die Reichen leisten, wenn schottische Fuhrwerke frisches Wasser in Fässern in die Stadt brachten. Der Normalbürger trank Bier, auch die Kinder, aber in einer Leichtversion.

Da man noch keine private Toilette hatte, entledigte man sich der „Inhalte“ teilweise sehr direkt, indem man sie anstatt über dunkle Treppen hinunter in den Hof zu gehen, wo ein eigener Container dafür vorgesehen war, dessen Inhalt regelmäßig vom Kloakenmann geleert wurde, das ganze einfach auf die Gasse leerte. Ja, mit der Hygiene hatte man es damals nicht so, weshalb sich Seuchen in WIndeseile verbreiten konnten. Auch die Oberkleidung, aus schweren teilweise sehr kostbaren Stoffen, wurde sehr selten, bis gar nicht gereinigt. Was man wechselte war, der Kragen und die Kappe. Damen trugen Ballerinas aus weichem Leder, damit konnte man aber nicht gut auf die Gasse gehen und so trug man dazu hölzerne Überschuhe, die außerdem leicht erhöht waren. Für eine Dame war es absolut unschicklich, ihre Knöchel, Ellbogen oder gar die Ohren zu zeigen. Deshalb trug man als Verheiratete Häubchen, bzw. als Unverheiratete das Haar so, dass die Ohren bedeckt waren.

Dieses Haus sollte 1934 abgerissen werden, aber der National Trust of Scottland rettete es und begann mit den Renovierungsarbeiten. Dabei entdeckte man in drei Etagen unter viel Schmutz und Putz herrliche Holzdecken, die man nun bewundern kann.

Die Royal Mile entlang
Dieses uralte Häuschen steht direkt gegenüber vom königlichen Palast

Weiter ging es Richtung Hollyroodhouse. Das ist der Königspalast, wo auch die Queen wohnt, wenn sie in Edinburgh weilt. Hier werden Staatsgeschäfte erledigt, Honoratioren empfangen und Adelstitel verliehen. Auch Sean Connery erhielt hier seinen von der Queen höchstpersönlich.

Im ältesten Teil des Palastes residierte einst Maria Stuart. Wir besuchen die königlichen Gemächer von einst und heute und danach noch die Überreste der Hollyrood Abtei. Aus ihrem einstigen Gästehaus wurde um 1500 der königliche Palast gebaut. Beides fiel 1650 einem Brand zum Opfer. Der Palast wurde im klassizistischen Stil wieder aufgebaut, die Abbey blieb, was sie war, eine Ruine. Wir spazieren noch eine Runde durch die königlichen Gärten und dann suchen wir unterstützt von einer waschechten sehr hilfsbereiten Edinburgherin jene Buslinie, die uns wieder nach Hause führt.

Das schottische Parlament ist ein hypomodernes Bauwerk

Dieses Angusrind haben wir auf dem Weg zum Campingplatz entdeckt