26. Doppeltes Ups und drei Wows

Donnerstag, 27.06.2019 / Trondheim – Stabkirche Lom – an einem See

Gefahrene km: 312
Übernachtung: Stellplatz Trondheim 0 €

Es ist 23:00 und ich sitze an meinem „Arbeitsplatz“, sehe hinaus auf den See, an dessen Ufer wir parken und denke über den heutigen Blog nach. Was für ein Tag! Die Überschrift deutet es ja bereits an.

Das Platzerl am See

Wie üblich beginne ich am Morgen, ja und da ist es schon, das erste UPS, gestern hatten wir vergessen einen frischen Parkschein zu lösen; und haben somit „Schwarzgenächtigt“. Damit habe ich wahrscheinlich eine neue Wortkreation erschaffen. Kleines Neben-Ups – ich weiß, das ist eine Tautologie – aber verzeiht liebe Leser, es klingt einfach schön!

Nun gut, nach dem „Schwarznächtigen“ ist das Frühstück dran. Bei Wurstbrot und Tee sehen wir dem Regen zu, der sich hartnäckig durch die ganze Nacht genieselt hat. Es ist kalt, nass und windig. Da hatten wir richtig Glück gestern bei unserer Sightseeing Tour durch Trondheim.

Heute liegt eine längere Strecke vor uns. Ich beeile mich mit dem Wegräumen des Frühstücksgeschirrs, während Egbert die heutige Route plant. Um 9:15 ist alles bereit zum Ankerlichten. Ich ziehe meine Regenjacke an, löse unser Stromkabel von der Säule, während Egbert das Womo von den Keilen herunterrollt, die dafür sorgen, dass wir auch auf unebenen Untergrund möglichst gerade stehen. Ich verpacke die Dinger in ihre Tasche wickle das Stromkabel sorgfältig auf und verstaue alles im Serviceklappfach. Währenddessen startet Egbert das Womo und fährt zur Entsorgungsanlage. Hier kann man Grau- und Schwarzwasser loswerden und Frischwasser nachtanken. Ein anderes Womo lässt gerade sein Grauwasser ab. Wir parken ein bisschen seitwärts, ich fülle unseren Frischwassertank während Egbert die undankbare Aufgabe hat, die WC-Kassette (= das Schwarzwasser) zu entleeren.

Als ich unseren Wasserschlauch wieder aufrolle und einräume versucht Egbert das Womo zu starten – das zweite UPS. Nix rührt sich, einfach gar nichts; dabei ist er doch gerade erst vor 10 Minuten von unserer Parklücke 100 m hierher gefahren! Wie gibt es das! Nochmaliger Versuch; kein einziges Licht leuchtet, das Womo sagt keinen Mucks! OK, vielleicht ist irgendetwas mit dem Schlüssel nicht in Ordnung, also Zweitschlüssel aus dem Safe gekramt. Nutzt nix, Womo bleibt stumm und blind.

Wir sitzen ratlos im Führerhaus, der Regen nieselt vor sich hin. Inzwischen brechen viele Womos zur Weiterfahrt auf. Wir stehen dabei ziemlich im Weg; aber was sollen wir tun? Ein deutsches Womo lässt sein Wasser ab; also nix wie hin. „Ähm, könnten Sie uns bitte Starterhilfe leisten, unser Womo springt plötzlich nichtmehr an.“ Natürlich, unter Kollegen hilft man sich doch immer aus. Also Starterkabel – liegt unter der Motorradschiene griffbereit – herausgefischt und angehängt, Motor gestartet – Egbert dreht den Schlüssel und … NIX … das Womo stellt sich weiterhin blind und taub.

Wir bedanken uns und dann bleibt uns nur noch eine Alternative – ÖAMTC, unser gelber Engel. Egbert kramt die Karte aus seinem Etui und los geht’s. Ganz schnell haben wir eine nette Stimme am Telefon. Womo springt nicht an, ja haben schon alles versucht, Starterhilfe klappt nicht, alles blind und taub! Die nette Dame am Telefon verspricht in 60-90 Minuten wird jemand kommen, der weiterhilft.

Wir sitzen und warten. Einmal hatten wir doch ein ähnliches Problem als wir das Womo zu gründlich gewaschen hatten. Dabei ist eine ganz wichtige Sicherung durchgebrannt. Seither führen wir immer ein Ersatzexemplar mit uns. Also Werkzeugkoffer ausgepackt, Deckel abgeschraubt und nachgesehen. Egbert kontrolliert die Sicherung, nein die ist in Ordnung, nicht durchgebrannt. Er rüttelt ein bisschen und kontrolliert ihren Sitz. Da passt alles.

Mittlerweile ist es im Womo ziemlich kalt, denn das elektrische Seitenfenster lässt sich nicht schließen. Automatisch dreht Egbert den Schlüssel und siehe da, plötzlich flackern alle Lichter auf. Ich rufe nur: „Starte – Sofort!“ Und das Womo springt an, als wäre nichts gewesen. WOW!

Ich verstaue schnell das Werkzeug, während der Motor leise brummt. Wie schön ist doch dieses Geräusch! Endlich mit fast drei Stunden Verspätung kann es losgehen, nachdem wir die gelben Engel informiert haben, dass wir keine Hilfe mehr brauchen.

Uns zieht es in den Süden, das Wetter wird immer freundlicher. Und wider gibt es viel zu sehen, denn die Landschaften in Norwegen sind so abwechslungsreich. Wir fahren über eine Hochebene und es sieht aus, wie in der Prärie. Sanfte Hügel an denen dichte Wälder wachsen, in der Ebene Wiesen und Büsche, durch die sich kleine Bäche schlängeln, einfach wunderschön!

In der „Prärie“ …
… und noch eins ….
… und noch eins.

Dann geht es wieder abwärts ins Tal. Es wird immer wärmer und die Sonne strahlt vom Himmel. An einem schönen Parkplatz halten wir unsere sehr verspätete Mittagsrast und dann geht es weiter nach Lom.

Und zum Kaffee, Wienerpekan

Wir parken vor der Stabkirche und lösen unser Seniorenticket. Dann treten wir ein – WOW, eine Stabkirche vom Feinsten. Diese Kirche ist heute noch die Gemeindekirche von Lom und das spürt man, denn trotz ihres Alters ist sie kein Museum, sondern eine wirkliche Kirche. Ich setze mich in eine Bank und lasse den Raum auf mich wirken. Im Zentrum erkennt man ganz deutlich die Grundstruktur der alten Kirche, mächtige Kieferbaumstämme tragen das Gebälk. Oben sind die Balken gegeneinander verstrebt um die Lasten besser abzustützen. Man kann noch sehr gut die schwarzen Originalverzierungen erkennen. An den Wänden einfache Gemälde mit Szenen aus dem Leben Jesu, darunter steht wer zu welchem Anlass dieses Bild gestiftet hat. Sie sind alle zwischen 1711 und 1729 gemalt worden.

Die Stabkirche von Lom:

So eine schöne Kirche! Diese norwegischen Stabkirchen sind wirklich etwas Besonderes und jede hat ihren eigenen Charakter. Rundum die Kirche liegt der Gemeindefriedhof. Viele Grabsteine sind liebevoll geschmückt und an der Friedhofsmauer lehnen alte teilweise stark verwitterte Grabsteine aus dem 19. Jh. Langsam umrunde ich die Kirche, mache Fotos, lese Grabsteine und denke daran, dass hinter jeder dieser Inschriften ein Leben verborgen liegt, ein Mensch, der geboren wurde, geatmet, gelacht, geliebt, geweint hat und dann wieder diese Welt verlassen hat. Wie viele Geschichten ruhen hier!

Eigentlich hatten wir den Campingplatz neben der Kirche zum Übernachten ausgesucht, nur da stehen so viele Womos und die Aussicht ist auch nicht gerade überwältigend. Aber beim Herfahren haben wir doch diesen hübschen Parkplatz am See gesehen, wie wäre es damit? Da wir sowieso die Straße zurückfahren müssen, nix wie hin. und das dritte WOW wartet auf uns, ein gemütliches Platzerl am Seeufer, direkt neben der Straße.

Ein schönes Plätzchen!
Und noch eins, weil’s so schön ist!

Wir parken uns ein, Egbert legt den Fisch in die Pfanne, während ich mich um Petersilerdäpfel und Salat kümmere. Geschmeckt hat’s.

Mittlerweile ist es Mitternacht und draußen noch immer taghell. Hinter uns parkt noch ein deutsches Womo zum Übernachten. Das war ein schöner und aufregender Tag mit UPS und WOWs. Na dann, gute Nacht; hoffentlich springt unser Italiener morgen wieder an. Ihr werdet es bald erfahren!

Ein Gedanke zu „26. Doppeltes Ups und drei Wows

  1. ufff! so ein Glück, dass euer Womo doch nicht typisch italienisch gestreikt hat! war bloß ein kleiner morgendlicher Adrenalinkick, auf den man aber sicher leicht verzichten könnte! :*) nun habt ihr die Heimreise durch das Landesinnere angetreten – ist landschaftlich offenbar zum Teil ganz anders; aber nicht minder interessant! das norwegische Wienerpekan schaut übrigens ganz anders aus, als das schwedische Wienerbröd – scheint aber auch eine Art Plunderteig zu sein; mal sehen, ob ich dafür irgendwo ein Rezept finde (hab ja noch meine schwedischen Kochbücher!) hoffentlich habt ihr jetzt gegen Süden hin besseres Wetter und ihr könnt euch allmählich an die Hitze bei uns gewöhnen! alles Gute & FF

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