Die Schotten sind halt anders!

Mittwoch, 31.5. Edinburgh

Gefahrene Km: 0 km
Übernachtung: Mortonhall Caravan Park (€ 31,53)

Am Vormittag geht es mit dem Bus ins Zentrum. Wir steigen aus und stehen mitten im quirligen Edinburgh. Mittels Stadtplan finden wir uns schnell zurecht und stapfen los, Richtung Castle. Das thront hoch oben über der Stadt auf einem erloschenen Vulkankegel. Wir durchqueren die Parkanlage, die – wie ich später lese – einst als Massengrab, für die an Cholera und Pest verstorbenen Bürger diente. Aber dazu später.

Also nix wie hinauf zur Burg. Gleich beim Eingang wird mit riesigen Kränen eine gewaltige Tribüne montiert, das ist für das Military Tattoo, das jedes Jahr im August hier stattfindet. Also beginnt man im Mai mit dem Bau, den man im September wieder demontiert um im nächsten Mai aufs Neue zu beginnen. Naja – die Schotten sind halt anders!

Zwischen diesen gewaltigen Kränen wuseln hunderte, tausende Touristen, es sieht aus, wie ein Ameisenhaufen. Überall wird geknipst und mit kleinen Flaggen geweht. Wir folgen dem Strom und gelangen auf das Burgareal. Von hier hat man wirklich einen herrlichen Blick über die Stadt. Wir wandern durch die Anlage, bewundern die schottischen Kronjuwelen und das königliche Appartement. Dann kommen wir an der Megakriegsmaschine des Mittelalters vorbei, eine riesige Kanone mit einem Gewicht von 6 Tonnen, die von acht Ochsen gezogen wurde. Mit ihr konnte man 150 kg schwere Kugel abfeuern, die eine Reichweite von 3,2 km hatten und jede Mauer durchschlagen konnten. Allein der Anblick dieses „Monsters“ genügte der gegnerischen Partei. Anstatt die Sache auszukämpfen, unterwarf man sich lieber gleich. Direkt daneben liegt der Dog’s Cemetery. Hier wurden die tapferen Hunde der Offiziere und die Kompaniemaskottchen feierlich beerdigt. Naja – die Schotten sind halt anders!

Danach geht es die Royal Mile hinunter Richtung Palast. Wir kommen am Gladstone’s Land vorbei, einem typischen Mietshaus um 1620. Der Führer führt uns durch die „Belle Etage“, die im Stile von anno dazumal eingerichtet ist, und weiß viel zu erzählen. Das mittelalterliche Edinburgh war von einer Stadtmauer umgeben. Und auf kleinsten Raum lebten 20.000 Menschen. Deshalb baute man in die Höhe, 14-16 Etagen hatte ein Haus anno dazumal. Aber all zu oft musste man dann ein paar Etagen wieder entfernen, weil das Haus instabil wurde. Die Häuser wurden gleichermaßen von Reichen und Armen bewohnt, die Reichen unten und die Armen am Hollodaro. Zu dieser Zeit verfügte Edinburgh über keine Wasserversorgung. Wasser konnten sich nur die Reichen leisten, wenn schottische Fuhrwerke frisches Wasser in Fässern in die Stadt brachten. Der Normalbürger trank Bier, auch die Kinder, aber in einer Leichtversion.

Da man noch keine private Toilette hatte, entledigte man sich der „Inhalte“ teilweise sehr direkt, indem man sie anstatt über dunkle Treppen hinunter in den Hof zu gehen, wo ein eigener Container dafür vorgesehen war, dessen Inhalt regelmäßig vom Kloakenmann geleert wurde, das ganze einfach auf die Gasse leerte. Ja, mit der Hygiene hatte man es damals nicht so, weshalb sich Seuchen in WIndeseile verbreiten konnten. Auch die Oberkleidung, aus schweren teilweise sehr kostbaren Stoffen, wurde sehr selten, bis gar nicht gereinigt. Was man wechselte war, der Kragen und die Kappe. Damen trugen Ballerinas aus weichem Leder, damit konnte man aber nicht gut auf die Gasse gehen und so trug man dazu hölzerne Überschuhe, die außerdem leicht erhöht waren. Für eine Dame war es absolut unschicklich, ihre Knöchel, Ellbogen oder gar die Ohren zu zeigen. Deshalb trug man als Verheiratete Häubchen, bzw. als Unverheiratete das Haar so, dass die Ohren bedeckt waren.

Dieses Haus sollte 1934 abgerissen werden, aber der National Trust of Scottland rettete es und begann mit den Renovierungsarbeiten. Dabei entdeckte man in drei Etagen unter viel Schmutz und Putz herrliche Holzdecken, die man nun bewundern kann.

Die Royal Mile entlang
Dieses uralte Häuschen steht direkt gegenüber vom königlichen Palast

Weiter ging es Richtung Hollyroodhouse. Das ist der Königspalast, wo auch die Queen wohnt, wenn sie in Edinburgh weilt. Hier werden Staatsgeschäfte erledigt, Honoratioren empfangen und Adelstitel verliehen. Auch Sean Connery erhielt hier seinen von der Queen höchstpersönlich.

Im ältesten Teil des Palastes residierte einst Maria Stuart. Wir besuchen die königlichen Gemächer von einst und heute und danach noch die Überreste der Hollyrood Abtei. Aus ihrem einstigen Gästehaus wurde um 1500 der königliche Palast gebaut. Beides fiel 1650 einem Brand zum Opfer. Der Palast wurde im klassizistischen Stil wieder aufgebaut, die Abbey blieb, was sie war, eine Ruine. Wir spazieren noch eine Runde durch die königlichen Gärten und dann suchen wir unterstützt von einer waschechten sehr hilfsbereiten Edinburgherin jene Buslinie, die uns wieder nach Hause führt.

Das schottische Parlament ist ein hypomodernes Bauwerk

Dieses Angusrind haben wir auf dem Weg zum Campingplatz entdeckt

 

2 Gedanken zu „Die Schotten sind halt anders!

  1. Hi Sisterheart! Wie geht’s Euch? Hab schon länger nix mehr gelesen – hoffe, bei Euch ist alles ok heute ist Tiare’s Sponsion und morgen fährt meine Family wieder eine Woche nach Kroatien Motorboot, Motorboot …… rudern tun i nur zur Not! Liebe Grüße und alles Gute

  2. Hallo „Doppeloma“! Hab gestern erst herausgefunden, dass Du eh schon seit Beginn der Reise eifrig berichtest – aber ich hab das „verschlafen“ freu mich für Euch, dass die Reise bis jetzt offenbar richtig nach Plan verläuft und hoffe, es geht so weiter – damit wir auch wieder was miterleben dürfen! habe vorgestern von Eurem Familienzuwachs erfahren: herzlichen Glückwunsch auch an Dich, liebe Omi! ☺️ wir haben inzwischen auch etwas Abwechslung und verbringe das Pfingstwochenende im „Westen“ viel Spaß und weiterhin gute Reise
    P.S. am 8. Juli würden wir sehr gerne mit Euch feiern am 15. heiratet Martin und dieser Tag ist schon seit langem „reserviert“

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